Stellungnahme zur SM 2014

 

In diesem Jahr durfte ich als Reitsportathletin die Schweiz bereits zum dritten Mal an Weltreiterspielen vertreten, was eine unglaubliche Ehre und ein unbeschreibliches Gefühl ist! Als Mitglied der Schweizer Equipe Dressur habe ich wie alle anderen mein Bestes gegeben, konnte auf die Unterstützung des Teams zählen und im Gegenzug die anderen anfeuern.

 

Über die Tatsache, dass in der gleichen Woche wie die World Equestrian Games in der Normandie auch die Schweizer Meisterschaft in Humlikon stattfindet, darüber kann ich mich allerdings nur wundern. Nicht nur, dass ich es ausgesprochen schade finde als amtierende Schweizer Meisterin 2013 meinen Titel nicht gebührend verteidigen zu können. Vielmehr sind doch auch alle anderen Teilnehmer der Schweizer Dressur Equipe der WEG so gezwungen dem nationalen Dressurhöhepunkt in diesem Jahr forfait zu geben.

 

Ich spreche an dieser Stelle nur für mich, aber angesichts dieser Situation muss ich mich schon fragen: Spielt es keine Rolle, wenn die besten Vertreter einer Disziplin nicht an einer nationalen Meisterschaft antreten können? Stellt das nicht die Qualität eines nationalen Titels – eigentlich den Sinn der gesamten Veranstaltung in Frage? Und viel wichtiger: Ist die so entstandene Situation wirklich im Sinne des nationalen Dressursports?

 

Eine WM-Teilnahme ist ohne Frage ein unvergleichliches Erlebnis. Aber sie macht einen nationalen Titel und die Möglichkeit zur Teilnahme an einer nationalen Meisterschaft doch nicht einfach überflüssig.

 

 

Marcela Krinke Susmelj

 

 

(31. August 2014)

 

World Equestrian Games, Normandy (25.-29. August 2014)

 

Weltklasse an den WEG

 

Die Weltreiterspiele in der Dressur sind noch in vollem Gang und doch bereits Geschichte – zumindest aus schweizer Sicht: Marcela Krinke Susmelj und smeyers Molberg brillierten im Grand Prix Spezial mit 74.817%. Trotz der neuen persönlichen Bestleistung schrammte das Paar auf dem 16. Rang hauchdünn an der Qualifikation zur Kür vorbei.

 

sm. Die Huftritte, die Corinth an den letzten Weltreiterspielen in Lexington zurück gelassen hatte, sind gross: Mit 75.3% und einem 11. Schlussrang in der Grand Prix Kür sorgte Marcela damals mit ihrem ehemaligen Toppferd für einen Aufsehen erregenden Karrierehöhepunkt. Vier Jahre sind seitdem ins Land gegangen und inzwischen ist ihr Pferd der Stunde bekanntlich der überaus talentierte smeyers Molberg. Und wie viel Talent es braucht, will man gegen die weltbesten 100 Dressurpaare aus 32 Nationen antreten, das zeichnete sich an den diesjährigen Weltreiterspielen in der Dressur mehr als deutlich ab.

 

Countdown zu den Wettkämpfen

Nach einem kurzen Zwischenstopp in Fontainebleau trafen alle vier Pferde der Schweizer Dressur Equipe wohl behalten am vergangenen Donnerstag, 21. August in der Normandie ein. So füllten sich die Stallzelte in Caen im Laufe des Tages und wurden nach patriotischer Herzenslust geschmückt:

 

 

Dasselbe galt für den anfangs noch verlassenen Trainingsbereich: Schon bald tummelten sich jede Menge ambitionierter Reitsportathleten und traten sich gegenseitig auf die Füsse respektive Hufe:

 

 

So ideal die Wettkampfbedingungen vor Ort in den ersten Vorbereitungstagen schienen, so unerbittlich schlug der eitle Sonnenschein Ende der Woche in einen garstigen Sprühregen (Zitat wetter.com) um. Nicht dass dieser Umstand die Stimmung im Schweizerzelt auch nur im Geringsten beeinträchtigt hätte, schlechtes Wetter war man sich nach dem Sommer 2014 schliesslich mehr als gewöhnt.

 

Nach einer fulminanten Eröffnungsfeier im Stade d’Ornano und einem für die Pferde der Schweizer Equipe erwartungsgemäss einwandfreien Vet-Check, wartete man gespannt auf die beiden ersten Wettkampftage im Grand Prix (Bilder dazu siehe WEG Fotoblog).

 

 

 

Mit Startnummer 77 im Grand Prix: Alles richtig gemacht!

Mit 100 Paaren traten im Grand Prix so viele Konkurrenten wie noch nie an Weltreiterspielen gegeneinander an. Die Schweizer Equipe hatte mit Caroline Häcki und Rigoletto Royal CH mit 67%, Hans Staub auf Warbeau mit 66% und Melanie Hofmann und GB Cazzago CH mit 67% bereits solide vorgelegt. Marcela Krinke trat als Teamleaderin im letzten Viertel der Prüfung an und lieferte einen tadellosen Ritt mit Höhepunkten in Molbergs Paradedisziplinen wie der Passage- und Piaffetour, gefolgt von glasklaren Wechseltouren. Molbergs noch vorhandenes Interesse an der Umgebung des Stade d'Ornano sorgte in der Prüfung für einen Hauch Verhaltenheit. So oder so quittierte das Richtergremium den Ritt mit schönen 73.186% (19. Rang), was dem Schweizer Duo für den Einzug in den GP Spezial der 30 Besten mehr als reichte. In der Teamwertung konnte sich die Schweizer Equipe damit auf dem 13. Rang von 24 teilnehmenden Nationen platzieren, während sich das deutsche Team Gold sicherte.

 

Ergebnisse WEG Grand Prix Einzelwertung

Ergebnisse WEG Grand Prix Teamwertung

 

Marcela und Molberg im GP: Zählen in der Wechseltour

 

 

Weltklasse im Grand Prix Spezial

Die Qualifikation für die Kür war aus schweizer Sicht ein unberechenbares Unterfangen, denn so viele leistungsstarke Gegner treten sonst kaum alle in derselben Prüfung an. So ritt Marcela noch entschlossener in das Stade d'Ornano ein und die frühmorgendliche Extrarunde durchs leere Stadion, die sie wenige Stunden vorher eingelegt hatte, tat Wirkung. Molberg liess sich noch frischer nach vorne reiten als am Tag zuvor und zeigte eine Prüfung, die sich gewaschen hatte: Jeder Tritt des temperamentvollen Dänen war, wo er sein sollte. So kämpften er und Marcela bis zum Schluss ohrenbetäubender Beifall der Anspannung wich. Glänzende 74.817% waren der verdiente Lohn für dieses wunderbare Stück Reiten (drei Richter benoteten den Ritt gar mit über 76% und sahen das Paar auf den vorderen 12 Rängen!). Die Platzierung, die sich gegen das Ende der Prüfung hin abzeichnete, war hingegen mehr als unverdient: Trotz deutlich besserer Noten als sie Corinth in Lexington 2010 für den Spezial erhalten hatte, verpasste das schweizer Paar mit dem 16. Schlussrang auf Grund eines einzelnen Punktes (!) den Einzug in die Kür.

 

Was Marcela Krinke Susmelj und smeyers Molberg über die Enttäuschung zum verpassten Küreinzug hinweg helfen wird, ist nicht zuletzt die Gewissheit, an den World Equestrian Games 2014 nicht nur einfach dabei gewesen zu sein, sondern mit zwei Weltklasse Ritten alles richtig gemacht zu haben.

 

Ergebnisse WEG Grand Prix Spezial Einzelwertung 

Ergebnisse WEG Grand Prix Kür 

 

 

Marcela und Molberg: Weltklasse!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

CHIO Aachen (11.-20. Juli 2014)

 

Aachen ist Aachen

 

Der CHIO Aachen ist das Wimbledon des Pferdesports. Marcela Krinke Susmelj kämpfte mit smeyers Molberg erneut gegen die Spitze des Dressursports: Im Kürfinale – dem Höhepunkt der Aachener Dressurwoche – sorgte das Schweizer Duo mit 75.425% und dem 14. Schlussrang für einen mehr als würdigen Abschluss dieses angesehenen Turniers.

 

sm. Aachen ist Aachen. Dieser im Stadion der Soers beliebte Ausspruch bringt die Einmaligkeit der Veranstaltung auf den Punkt. Das Weltfest des Pferdesports beherbergt die fünf Disziplinen Springen, Dressur, Vielseitigkeit, Voltige sowie Fahren und veranstaltet gleichzeitig den Nationenpreis auf deutschem Boden. Mit anderen Worten ist das CHIO Aachen nebst grossen Championaten wie WM oder EM das jährliche Mass aller Dinge: Hier prüfen die Besten, wo sie stehen. Der Erwartungsdruck ist entsprechend hoch, die Luft im Deutsche Bank Stadion dünn. Dem jährlichen Abenteuer Aachen hat sich auch Marcela Krinke Susmelj gestellt: smeyers Lazander präsentierte sie in der CDI4*- und smeyers Molberg in der CDIO-Tour.

 

 

 

 

smeyers Lazander im GP auf der Suche nach der verlorenen Gelassenheit

Wenn Lazander mit Marcela Krinke auch „nur“ in der 4*-Tour anzutreten hatte, zeichnete sich vom ersten Schritt ins Deutsche Bank Stadion ab, dass sich der zierliche Fuchs noch nicht ganz von seiner Turnierpause erholt hatte. Dieser liess sich von der Umgebung so beeindrucken, dass seine Reiterin ihre gesamte Routine spielen lassen musste. Trotz Marcelas Anstrengungen wollte sich im Zuge der Prüfung die erhoffte Gelassenheit partout nicht einstellen. Für den verhaltenen Auftakt musste sich das Schweizer Paar mit 65.9% und dem 21. Rang abfinden, womit die beiden im Grand Prix Spezial nicht mehr antreten durften (Ergebnisse CDI4* Grand Prix).

 

smeyers Molberg konsolidiert seine Form im Grand Prix

Wie die Stimmung wieder zu heben war, da wusste Molberg Abhilfe. Dieser hat mit seinem fragilen Nervenkostüm in der Vergangenheit Marcela zwar des Öfteren in Bedrängnis gebracht, scheint aber eben dieses Problem inzwischen für sich gelöst zu haben. Frisch und fröhlich drehte der Braune im Deutsche Bank Stadion seine CDIO GP-Runde mit einer Piaff-/Passagetour vom Allerfeinsten und – fast ebenso eindrucksvoll – ohne die neue Zuschauertribüne auch nur eines Blickes zu würdigen. Angesichts der aus der Vorstellung resultierenden 72.18% waren kleinere Ärgernisse wie Angaloppieren in der Trabverstärkung im Nu vergessen. Der 16. Schlussrang hatte dann auch die automatische Qualifikation zum Grand Prix Spezial zur Folge (Ergebnisse CDIO Grand Prix).

 

 

 

 

Grand Prix Spezial bei 34 Grad

Zuversichtlich ritt die Luzerner Dressurreiterin anderntags in den Grand Prix Spezial ein, denn: Der Spezial als zweites Pflichtprogramm enthält jede Menge Passagen und Verstärkungen, was den Talenten ihres Pferdes noch viel besser entspricht als die Lektionen im Grand Prix. Mit 72% erfüllte Molberg zwar die an ihn gestellten Erwartungen, wirkte aber auf Grund der sengenden Hitze etwas müde, wie viele andere Pferde der Konkurrenz auch. So gelang zwar keine Leistungssteigerung, der 16. Rang in einem starken Feld reichte aber für den Einzug in die Kür und somit konnte sich Team Krinke für den Rest des Tages nach allen Regeln der Kunst abkühlen (Ergebnisse CDIO Grand Prix Spezial).

 

 

 

 

 

Würdiger Abschluss in der Grand Prix Kür

Unter gemässigteren Bedingungen konnten die beiden am nächsten Morgen ihre Kür in Angriff nehmen. Marcela und Molberg lieferten einen energiegeladene Auszug aus ihrem brandneuen Kürprogramm zur Kürmusik des holländischen DJ Boy de Winter ab. Für den hochmotivierten Molberg gab es wörtlich kaum noch ein Halten – auch nicht bei der Grussaufstellung, was wichtige Punkte kostete. Das Programm wurde vom Publikum des ausverkauften Deutsche Bank Stadions tosend gefeiert und bestand auch vor den Augen der Richter: 75.425% und der 14. Schlussrang war das würdige Ergebnis dazu (Ergebnisse CDIO Grand Prix Kür).

 

Unter dem Strich stellen Marcela Krinke Susmelj und smeyers Molberg zum Ende dieses spannenden Grossturniers ihre Fitness für die Weltreiterspiele 2014 zweifelsohne unter Beweis. Und um geringfügig Fehlerjagd zu betreiben bleiben bis dahin ja noch einige Wochen Zeit.